Die chronische Nasennebenhöhlenentzündung
Medizin
Während die akute Nasennebenhöhlenentzündung (Rhinosinusitis) bei entsprechender Therapie nach kurzer Behandlungszeit ausheilt, ist die chronische Form dieser Erkrankung wesentlich schwieriger zu behandeln.
Die chronische Nasennebenhöhlenentzündung hat sich in der letzten Zeit zu einer der bedeutendsten Volkskrankheiten der westlichen Welt entwickelt. Zwischen 10 und 15 Prozent der Bevölkerung sind daran erkrankt. Damit gehört die chronische Rhinosinusitis zu den 10 häufigsten Erkrankungen in Europa. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, ebenso Raucher*innen. Über die Ursachen und Behandlungskonzepte sprachen wir mit dem Experten für Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten, Kopf- und Halschirurgie Univ. Doz. Dr. Gerhard Oberascher.
Welche Arten der chronischen Nasennebenhöhlenentzündung gibt es und welche Symptome treten auf?
Univ. Doz. Dr. Oberascher: Wir unterscheiden zwischen einer chronischen Rhinosinusitis (CRS) ohne und mit Vorhandensein von Nasenpolypen. Letztes betreffen ca. 20% der Patienten mit CRS. Bei beiden Formen kommt es zu einer permanenten entzündlichen Anschwellung der Schleimhaut primär in den Siebbeinzellen und dann auch in der Kieferhöhle und der Stirnhöhle. Man spricht von einer CRS, wenn die Beschwerden länger als zwei bis drei Monate andauern. Lokale Symptome sind eine behinderte Nasenatmung, eine ständig verstopfte Nase und Nasensekretion. Dieser Schleim kommt aber nicht aus der Nase, sondern fließt nach hinten in den Rachen ab. Häufig besteht auch eitriger Ausfluss, weiters Gesichts- bzw. Kopfschmerzen und Reduktion oder Verlust des Geruchssinns. Neben diesen lokalen Symptomen gibt es auch Fern- bzw. Allgemeinsymptome wie Irritation des Rachens mit morgendlichem Räusperzwang, Globusgefühl (Frosch im Hals), Heiserkeit mit Stimmschwäche und Husten sowie Bronchitis. Allgemeinsymptome, sind Benommenheit, Krankheitsgefühl, leichtes Fieber und gelegentlich Schlafstörungen. Die CRS ist hochsignifikant mit Asthma bronchiale, gastroösophagealem Reflux und depressiver Verstimmung assoziiert. Die Einschränkung der Lebensqualität ist überraschend hoch und entspricht der eines mittelschweren Asthmas.
Worin liegen die Ursachen?
Univ. Doz. Dr. Oberascher: Gerade in der heutigen Zeit spielen Bakterien, wie z.B. der Staphylococcus aureus, eine bedeutende Rolle. Aber auch anatomische Faktoren wie Engstellen der Nasennebenhöhlen, eine verkrümmte Nasenscheidewand und vergrößerte Nasenmuscheln. Zusätzliche Auslöser sind Pilzsporen, Allergien, eine zunehmende Umweltverschmutzung und ungesunde Ernährung.
Wie sind heute die modernen diagnostischen Möglichkeiten?
Univ. Doz. Dr. Oberascher: Diese reichen von der umfassenden Erhebung einer Anamnese, Abtasten der betroffenen Stellen wie Kieferhöhle, Siebbeinzellen und Stirnhöhle. Bei Verdacht auf eine vorliegende Allergie, die Durchführung eines Allergietests. Eine Nasenendoskopie, welche ohne Schmerzen in der Ordination durchgeführt werden kann, ist State of the art. Bei Vorliegen von eitrigem Sekret muss unbedingt ein Abstrich mit Keimbestimmung erfolgen. Eine Computertomografie der Nasennebenhöhlen ist das bildgebende Verfahren der Wahl, da mit dieser Methode eine optimale Darstellung von Luft, Knochen und Entzündungsherden möglich ist. In speziellen Fällen, insbesondere bei Kindern ist eine Kernspintomographie vorzuziehen, da diese Methode keine Strahlenbelastung aufweist.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Univ. Doz. Dr. Oberascher: Primär kommen natürlich nur konservative Therapiemethoden zum Einsatz, wie tägliche Spülungen mit Solelösungen und leicht cortisonhältige Nasensprays. Diese wirken jedoch nur an der Schleimhaut und haben keine Nebenwirkungen auf den gesamten Körper. Bei immer wieder auftretendem eitrigem Nasenausfluss (Bakterienbefall) sind Antibiotika unerlässlich. Zusätzlich sehr wichtig sind pflanzliche Mittel, aber auch die Komplementärmedizin, wie Akupunktur, die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) und die Homöopathie. Bei Vorliegen einer Allergie sollte natürlich auch diese therapiert werden. Nützen all diese Maßnahmen jedoch nicht und insbesondere bei ständig größer werdenden Nasenpolypen, ist eine endoskopische, minimal invasive Operation (FESS) in Narkose sinnvoll. Dabei werden über die Nasenöffnungen die Engstellen der Nasennebenhöhlen erweitert und die chronischen Entzündungsherde entfernt. In vielen Fällen führt man zusätzlich eine Begradigung der Nasenscheidewand und Verkleinerung der Nasenmuscheln durch. Die Operation erfolgt in Narkose, welche ca. eine Stunde dauert. Der stationäre Aufenthalt beträgt zwei bis drei Tage, eine Schwellung im Gesichts-Nasen-Bereich tritt nicht auf. Die Schmerzen sind eher untergeordnet. Nach der Operation muss die Nase für ein bis zwei Tage tamponiert bleiben. Mit dieser Operation ist in einem sehr hohen Prozentsatz eine deutliche Verbesserung der lokalen Beschwerden und auch der Lebensqualität zu erzielen.
Patient*innen mit den oben genannten Symptomen sollten frühzeitig zum*zur Facharzt*ärztin gehen, um die chronische Rhinosinusitis abzuklären und einer entsprechenden Therapie zuzuführen.
Univ. Doz. Dr. Gerhard Oberascher leitet das chirurgische Kompetenz-Zentrum für HNO-, Kopf- und Halschirurgie an der Privatklinik Wehrle-Diakonissen.