Der handgelenksnahe Speichenbruch

Medizin

Zwanzig Prozent aller Knochen­brüche betreffen den Speichen­bruch in der Nähe des Hand­gelenks. Besonders häufig sind Frauen ab 50 von der Verletzung betroffen. Ein Inter­view mit dem Hand­chirurgen Univ.-Doz. Dr. Albert Kröpfl.

Herr Dozent, als Unfall­chirurg mit dem Schwer­punkt im Bereich Hand­chirurgie haben Sie im Laufe Ihrer Karriere schon un­zählige gebro­chene Hand­gelenke gese­hen und operiert. Warum ist dieser Bruch so häufig?
Beim hand­gelenks­nahen Speichen­bruch gibt es typischer­weise drei Verteilungs­gipfel im Lebens­alter der Patient*­innen:
Der erste sind Kinder, die beim Spielen und Herum­toben auf das Hand­gelenk stürzen. Diese Brüche sind in der Regel ein­fache Knochen­brüche und meist mit einem Gips gut zu behan­deln - ohne gravie­rende Folgen. Sehr selten ist in dieser Alters­gruppe eine Oper­ation des Speichen­bruches not­wendig.
Der zweite Alters­gipfel sind Jugend­liche bzw. junge Erwach­sene mit einem Hoch­rasanz-­Trauma, das bedeutet, dass Geschwindig­keit zum Sturz dazu­kommt, wie z.B. beim Downhill-­Biken oder Snow­boarden. Hier passieren dann mit­unter schon komplexe Knochen­brüche, die meist operativ ver­sorgt werden müssen.
Der dritte ganz große Gipfel der Verlet­zungen ist die Ziel­gruppe der Damen ab dem 50. Lebens­jahr, weil nach der Meno­pause sehr häufig eine Osteo­porose, d.h. eine Knochen­erweichung, eintritt. Und dann genügt auch ein Sturz ohne Rasanz: Man stolpert über den Teppich oder rutscht aus und stürzt auf das Hand­gelenk und bricht sich das hand­gelenks­nahe Ende der Speiche.

Nun weiß man ja, dass jede vierte Frau ab 50 an Osteoporose leidet …
Richtig! Darum gibt es in dieser Alters­gruppe auch eine so große Verletzungs­häufung. Der hand­gelenks­nahe Speichen­bruch bei den Damen über 50 Jahre ist auch ein so genannter Indikator­bruch. Das heißt, er ist ein Hin­weis: Man muss forschen und unter­suchen, ob diese Patientin Osteoporose oder eine begin­nende Osteo­porose hat, um sie vor weiteren Knochen­brüchen zu schützen.
Es ist also es sicher ratsam, ab dem 50. Lebens­jahr vor­beugend eine Knochen­dichte­messung durch­führen zu lassen, um im Falle einer niedrigen Knochen­dichte eine medika­mentöse Behand­lung mittels Vitamin D und/oder Kalzium einzu­leiten.

Im Falle einer Osteoporose muss ein Speichenbruch also immer operativ versorgt werden?
Nicht immer, aber sehr häufig, das hängt immer von der Bruch­form ab. Dank moderner Operations­verfahren und hervor­ragender Technik kann ein solcher Bruch sehr gut operativ versorgt werden.

Was passiert bei dieser Operation genau?
Der*die Patient*in befindet sich ent­weder in Allgemein­anästhesie, d.h. Narkose, und bekommt vom Eingriff nichts mit, oder man kann eine so genannte Plexus­anästhesie anwenden, das bedeutet, dass nur der betroffene Arm schläft und schmerz­frei ist. Welche Anästhesie-­Form ange­wendet wird, wird natürlich gemein­sam mit dem*der Patient*in ent­schieden.
In offener Wunde richtet man dann den verscho­benen Knochen­bruch ein, über­prüft mit einem Röntgen­gerät, ob alles korrekt situiert ist und stabilisiert den Bruch mit speziellen winkel­stabilen Platten und Schrauben. Die Platten sind anatomisch vorge­fertigt und fügen sich der Beuge­seite der Speiche perfekt an. Sie sind aus Titan­legierungen, werden vom Körper sehr gut akzeptiert und korrodieren nicht durch die Körper­flüssig­keiten.

Und diese Platten halten auch von Osteoporose betroffene Knochen?
Ja, diese Systeme sind absolut stabil und wir freuen uns weltweit über exzellente Ergeb­nisse bei Speichen­brüchen. Die beim Eingriff verwen­deten winkel­stabilen Schrauben haben an ihrem Ende ein ganz feines Metall­gewinde und wenn der Schrauben­kopf zur Platte hinkommt, greift dieses Metall­gewinde in die Platte und schneidet sich ein neues Gewinde. Andere Schrauben­köpfe blockieren sich beim Andrehen in der Platte und das zusam­men macht das Ganze so stabil.
Nach der Operation, die in etwa 60 Minuten dauert, wird ein Gips oder Kunst­stoff­verband ange­legt, weil der Knochen meist sehr weich und eine zusätz­liche Ruhig­stellung am Anfang wichtig ist.

Das klingt nach Präzisionsarbeit. Wie lange ist man nach der OP in der Klinik?
Der stationäre Aufent­halt selbst ist relativ kurz: Der*die Patient*in darf nach einer Nacht in Obsorge die Klinik wieder ver­lassen.
Wenn nach zwei bis vier Wochen die Fixation, also der Gips bzw. Kunst­stoff­verband, weg­kommt, beginnt man mit ambulanter Physio­therapie, um das Hand­gelenk zu trainieren und wieder beweg­lich zu machen. Für die Physio­therapie darf man gut zwei Monate einplanen und mir ist wichtig zu unter­streichen, dass sie ebenso wichtig ist wie die Operation.

Wie ist die Prognose für Betroffene? Ist das Handgelenk wieder voll einsetzbar?
Grund­sätzlich sind die Ergebnisse sehr gut. Natürlich hängt es auch davon ab, wie komplex der Bruch war. Es bricht ja im Falle eines Gelenks­bruches nicht nur der Knochen, sondern auch der Knorpel. Die Knorpel­verletzung ist das eigentlich schicksals­entschei­dende, weil bei uns Menschen der Knorpel eine sehr schlechte Regenerations­kraft hat.

In Summe können bei den vers­chobenen, peri­pheren Speichen­brüchen durch die Anwendung präziser Operations­techniken und sorg­samer Nachbe­handlung sehr gute End­ergebnisse erzielt werden, die auch hohen funktio­nellen Ansprüchen im Hand­gelenks-­Bereich gerecht werden.

Univ.-Doz. Dr. Albert Kröpfl ist Facharzt für Unfallchirurgie und Unfallchirurgische Intensivmedizin und hat sich im Laufe seiner Karriere im Bereich Handchirurgie einen Schwerpunkt gesetzt. Den beeindruckenden Werdegang des erfahrenen Mediziners können Sie hier nachlesen.
Einen Termin in Dozent Kröpfls Salzburger Wahlarzt-Ordination vereinbaren Sie am besten telefonisch: Tel.: +43 664 2831570, www.unfall-handchirurgie.at.

Zusammenfassung

  • Kinder, Sportler*innen und Frauen ab 50 am häufigsten betroffen
  • Speichenbruch bei Frauen ab 50 kann auf Osteoporose hinweisen („Indikatorbruch“)
  • Präzise Operationstechniken ermöglichen sehr gute Versorgung der Verletzung
  • Physiotherapie für ca. zwei Monate nach der OP
  • Sehr gute Ergebnisse für Betroffene

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